Mit dem Projekt „Übersetzte Geschichte“ hat sich das Nordost-Institut zur Aufgabe gemacht, Fachtexte aus ost- und nordosteuropäischen Ländern in deutscher Übersetzung bereitzustellen und in ihrem Forschungskontext zu verorten. Mit dem neuesten Beitrag wird die Studie von Julija Podoprigora „Probleme der Eingliederung der deutschen Zwangsumsiedler in die kasachische Gesellschaft (Versorgung mit Lebensmitteln, Bereitstellung von Wohnraum, Integration in die Arbeitsprozesse)“ einem deutsprachigen Publikum zur Verfügung gestellt.
Die Autorin zeichnet darin die Lebensituation der Deutschen in der Kasachischen SSR nach dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion 1941 nach. Durch die Deportation von Deutschen aus anderen Teilen des Landes kamen zu den bereits vor Ausbruch des Krieges dauerhaft in der Kasachischen SSR lebenden Deutschen (über 92 000 Personen) bis Anfang Februar 1942 über 400 000 deportierte Deutsche hinzu. Das führte zu einem katastrophalen Mangel an Lebensmitteln, zu Hunger und zahlreichen durch Auszehrung bedingten Todesfällen vor allem unter Kindern und Jugendlichen. Julija Podoprigora stellt fest, dass die zentralen und regionalen Behörden vor dem Hintergrund des Krieges und der in der Republik herrschenden ökonomischen Schwierigkeiten nicht in der Lage waren, die Umsiedler für ihr Getreide, Vieh und sonstigen Besitz, den sie an den bisherigen Siedlungsorten zurücklassen mussten, zu entschädigen. Die in den Jahren 1942 bis 1946 vollzogene Mobilisierung der gesamten arbeitsfähigen deutschen Bevölkerung zur Arbeitsarmee sollte - so die Autorin - nicht nur dem Zwangsarbeitssystem in der Kasachischen SSR neue Arbeitskräfte zuführen, sondern auch die sozialen Spannungen, die an den neuen Siedlungsorten entstanden waren, abbauen.
Die Studie von Julija Podoprigora wird mit einem Beitrag von Victor Dönninghaus eingeleitet. Beide Beiträge sind auf unserer Homepage frei zugänglich.