Einblicke
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Wem gehört die Stadt?
Die russische Kathedrale und die deutschen Kirchen im estnischen Tallinn

David Feest
Der Bau der Alexander-Nevskij-Kathedrale zwischen 1894 und 1900 auf dem Domberg in Reval (Tallinn) war eine politische Aussage. Jahrhundertelang war der Anblick des Berges von der auf seiner Kuppe gelegenen Domkirche geprägt gewesen, während von der Ebene der Stadt her der schlanke Turm der Nikolai-Kirche emporgeragt hatte – beides Kirchen, die auf Gründungen aus dem 13. Jahrhundert zurückgehen. Nun dominierte der geschlossene Kubus einer monumentalen orthodoxen Kirche den Berg und zog mit ...

Sonnige Grüße von der Ostsee

Anja Wilhelmi
Die kolorierte Ansichtspostkarte vom Rigaschen Strand wurde im Juli 1914 als postalischer Feriengruß in das russische Gouvernement Tiflis versendet. Zahlreiche unterschiedliche Aufnahmen zeugen davon, dass der Ostseestrand ein überaus beliebtes Postkartenmotiv darstellte.Die Erkenntnis von der heilenden Wirkung des Ostseeklimas beförderte seit Anfang des 19. Jahrhunderts das Aufkommen der Badekultur. Das zunächst nur von deutschbaltischen und russischen Adeligen genutzte Ostseebad im Westen des...

Instagram um 1910

Katja Bernhardt
Es gibt in der Kunstgeschichte den Begriff der Repoussoirfigur. Das ist jene Figur, die durch Geste und/oder Blick den Betrachter den Weg in das Bild bahnt. Mal lädt sie mit dem Rücken zum Betrachter stehend ein, es ihr gleich zu tun und das Bild zu schauen, das sich vor ihr ausbreitet - man denke etwa an Caspar David Friedrichs Wanderer über dem Nebelmeer. Mal wird der Betrachter mit dem Blick fixiert und dann entlang etwa einer Geste in das Bild geleitet, wie beispielsweise in Rembrandt van ...

Der Große Krieg im Bild
Ansichtspostkarten als Kriegsberichterstattung

Joachim Tauber
Es sind verstörende Bilder, die auf den drei Ansichtspostkarten abgebildet sind: gefallene russische Soldaten in der Libauer und der Börsenstraße in Memel (Klaipeda) im damaligen Ostpreußen. Die Aufnahmen sind offenbar unmittelbar nach dem Ende eines Kampfes gemacht worden; noch sind keinerlei Tätigkeiten zu entdecken, die auf einen bevorstehenden Abtransport der Toten und des Pferdes schließen lassen. Andererseits hat sich die Bevölkerung offenkundig schon an den Anblick gewöhnt, bis auf einen...

Keine Hoffnung mehr auf Rückkehr…

Victor Dönninghaus
Die Postkarte trägt die Aufschrift „Der Krieg im Osten – Heldengräber in Goldap“. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde diese im damaligen Ostpreußen gelegene Stadt von russischen Truppen besetzt und im Verlauf der Kriegshandlungen schwer in Mitleidenschaft gezogen. Vielleicht wurde sie gerade deshalb als Postkartenmotiv ausgewählt. Auf den ersten Blick sieht alles friedfertig aus, es sind keine Spuren von Brand und Zerstörung zu erkennen. Im Hintergrund stehen schlichte Backsteinhäuser mit ...

Warschau 1944

Agnieszka Pufelska
Erst durch die historische Kontextualisierung und kritische Befragung entfalten Medien ihre Bedeutung als Geschichtsquellen. Für Ansichtspostkarten gilt dies besonders, wie an der hier präsentierten Karte mit einer Ansicht Warschaus (Warszawa) gezeigt werden kann. Eine situative Schwarz-Weiß-Aufnahme einer der repräsentativsten Flaniermeilen der Stadt, der Krakauer Vorstadt (Krakowskie Przedmieście) wird darauf abgebildet; ein häufig aufgegriffenes und beliebtes Motiv bei den postalischen ...

Ein Fabrikgebäude erzählt von menschlichen Kriegsschicksalen

Dmytro Myeshkov 
Das Bild auf der Vorderseite zeigt ein leicht beschädigtes Gebäude. Die Bildunterschrift informiert darüber, dass es sich dabei um ein Fabrikgebäude handelt, das in der Stadt Kowno (Kaunas) gelegen war. Sie lässt auch wissen, dass die auf dem Fabrikhof verstreuten Maschinenteile und Eisenbahnräder sowie die zu den Fenstern im 1. Stock führenden Holzbalken auf eine begonnene Evakuierung zurückzuführen sind. Deren Vollendung wurde durch das schnelle Vorrücken der deutschen Truppen und die Anfang ...

Der „Zauberberg“ am Ostseestrand oder das „Weiße Schloss“ in Kemmern (Lettland)

Detlef Henning
Beim ersten Blick auf die Ansichtspostkarte denkt der Betrachter vielleicht an das berühmte „Waldhotel“ im Lungenkurort Davos in den Schweizer Alpen, das für den Roman „Der Zauberberg“ von Thomas Mann Pate stand. Tatsächlich aber befindet sich das Hotel in Lettland. Und nicht etwa auf dessen höchstem Berg, dem Gaising (lett. Gaiziņkalns) mit seinen gerade einmal 312 Metern, sondern dort, wo sich das ebene Land von seiner schönsten Natur zeigt, am Ostseestrand in Kemmern (lett. Ķemeri), etwa 50 ...
Bestand

In der Nordost-Bibliothek werden über 35.000 Ansichtspostkarten aus 150 Jahren Postkartengeschichte aufbewahrt. Der zeitliche Schwerpunkt der Herstellung sowie des Laufs der Postkarten liegt auf den Jahren 1890-1945. Davon sind innerhalb des bereits katalogisierten Bestandes etwa zwei Drittel vor dem Ende des Ersten Weltkriegs gedruckt worden. Nach 1945 erschienene Postkarten machen hingegen etwa ein Zehntel der Sammlung aus.

Überwiegend sind Motive aus den ehemaligen preußischen Ostprovinzen, Posen, Ost- und Westpreußen und Pommern, sowie aus dem Baltikum und aus dem Gebiet der Zweiten Polnischen Republik abgebildet. In der Sammlung sind des Weiteren Postkarten etlicher Orte im westlichen Belarus und der westlichen Ukraine zu finden. Der Bestand geht in Teilen jedoch über den so umrissenen geographischen Raum hinaus und schließt beispielsweise auch die brandenburgische Neumark oder die Bukowina ein. Die abgebildeten Motive sind vielfältig. Dominant sind Ansichten von Städten und aus Städten. Darüber hinaus finden sich militärische Motive und Kriegsdarstellungen, Sport- und Freizeitmotive sowie Darstellungen von Ereignissen und Personen in der Sammlung. Einen ersten Einblick in die Motivwelt gibt das Projekt „Riga Digitalis“, in das Digitalisate der vor 1919 erschienenen Ansichtspostkarten der Nordost-Bibliothek zu Riga aufgenommen wurden.

Erschließung und Nutzung vor Ort

Alle Ansichtspostkarten sind nach Regionen und innerhalb der Regionen alphabetisch nach Orten archiviert. Innerhalb der Ortssortierung erfolgt eine sachliche Untergliederung nach Motiven. Der Bestand für die ehemaligen preußischen Ostprovinzen, Posen, Pommern, Ost- und Westpreußen, sowie aus dem Baltikum ist in einem lokalen Katalog erschlossen.

 

Ein Teil der Sammlung ist digital erfasst und kann über eine Exeltabelle recherchiert werden, die Sie hier herunterladen können.

 

Die Ansichtspostkarten können nach vorheriger Anmeldung und Bestellung im Lesesaal der Bibliothek eingesehen werden. Für Nachfragen, Bestellungen und Anmeldungen kontaktieren Sie bitte die Nordost-Bibliothek.